Veranstaltung des Umweltforums Gelsenkirchen mit Dr. Harald Friedrich und Christian Link

100 Teilnehmer waren zu der spannenden Veranstaltung des Umweltforums Gelsenkirchens gekommen. Darunter auch zwei Vertreter der Koordinierungsgruppe der internationalen Bergarbeiterkonferenz aus Peru und Kolumbien.

Ca. 12. 000 Tonnen Hydrauliköle mit dem hochgiftigen PCB wurden in den 1980-er Jahren in den Kohlezechen des Ruhr- und Saargebiets eingelagert. Zusammen mit dem Giftmüll unter Tage von ca. 600.000 Tonnen hochtoxischen Giften gelangen sie zunehmend mit dem abgepumpten Grubenwasser in die Flussläufe. Die Trinkwasserversorgung von Millionen Menschen ist damit auf Dauer gefährdet. „Alles kein Problem“ sagte die RAG. Doch für diese Art der Wahrheitsinterpretation erhielt die RAG in der letzten Woche eine schallende Ohrfeige, als die Meldung durch die Medien ging, dass in Ruhr und Emscher PCB gefunden wurde. Aus reinen Profitgründen - um Kosten zu minimieren - hat die RAG damit begonnen, die Wasserhaltung in den stillgelegten Schächten zu zentralisieren. Mit dem ansteigenden Grubenwasser werden die Gifte zunehmend aus den Stollen und Schächten ausgespült. Mit der Verdünnung des PCBs und der zentralisierten Einleitung in den Rhein wollte sich die Ruhrkohle aus der Verantwortung für eine ordnungsgemäße Entsorgung stehlen...

Der Chemiker Dr. Friedrich war früher beim NRW-Umweltministerium für Wasserschutz zuständig, bevor er wegen seiner konsequenten Haltung von dem damaligen CDU-Minister entlassen wurde. In seinem Referat zeigte er die großen Risiken auf, die mit der Umstellung und Zentralisierung der Grubenwasserhaltung verbunden sind. Die eingelagerten Giftstoffe werden mit den Wasserströmen unkontrolliert ausgespült, ruhrgebietsweit verbreitet und gefährden die Trinkwasserversorgung für über 6 Millionen Menschen.

Er ging auch kritisch auf das Versagen der Bergämter und des Regierungspräsidiums ein. Nachdem 2004 die ersten alarmierenden PCB-Messwerte bekannt wurden, stellte man die Messmethode um – entgegen den wissenschaftlichen Standards. So konnte die RAG jahrelang verkünden, dass bei ihren Messungen „PCB unter der Nachweisgrenze“ lag. Das Abfallrecht erlaube auch nicht, die Abfallprobleme einfach durch Verdünnung zu beseitigen.

PCB gehört mit Dioxinen u.a. zu dem „dreckigen Dutzend“ der Ultragifte. Es ist ähnlich dem Seveso-Dioxin, krebsfördernd und immunschädigend und lagert sich im Organismus und in der ganzen Nahrungskette an. Dr. Friedrich: „Und mit dem Fisch aus der Nordsee bekommen wir das PCB wieder auf unseren Teller“...

Der Bergmann Christian Link und Sprecher der Bergarbeiterbewegung Kumpel für AUF wurde von der RAG mit einem Anfahrtsverbot auf allen Ruhrgebietszechen bestraft, weil er öffentlich Stellung genommen hat gegen die Absicht der RAG, das Grubenwasser ansteigen zu lassen, trotz des eingelagerten Giftmülls unter Tage. In seinem Beitrag führte er aus, dass die Enthüllung des PCB unter Tage nicht neu ist, sondern bereits 1984 die Kumpel der Zeche Niederberg diesen Giftskandal aufdeckten, in der Bergbauzeitung Spitze Hacke darüber berichteten und durchsetzten, dass auf Niederberg das Hydrauliköl ersetzt werden musste. Das Problem ist, dass jetzt alles zusammenkommt: das PCB, der eingelagerte Giftmüll, ISO Schäume, Gebirgsverfestiger und die Pläne im Ruhrgebiet zu fracken. Er betonte: „Wie man mit der Umwelt umgangen ist, so ist man auch mit der Gesundheit der Kumpels umgegangen. Obwohl man über die starke PCB-Belastung der Bergleute weiß, werden sie bis heute nicht entsprechend untersucht. Und die Vergiftung ist auch nicht als Berufskrankheit anerkannt.“ Er führte aus, dass für die Bergarbeiterbewegung Kumpel für AUF die Umweltfrage und die soziale Frage zusammengehören. Die Zechen sollen stillgelegt werden, damit die Energiekonzerne ihre Frackingpläne in Deutschland verwirklichen können. So werden die Kumpels einerseits ihrer Arbeit beraubt und anderseits auch noch vergiftet.

Die Diskussion zeigte, dass PCB und Giftmüll unter Tage tatsächlich eine tickende Zeitbombe sind. Das Verdienst der kämpferischen Bergarbeiterbewegung im Kampf gegen PCB- und Giftmüll-Einlagerung wurde deutlich. Der notwendige Ausstieg aus der Chlorchemie, der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft und die Perspektive der Umweltbewegung angesichts der globalen Umweltprobleme kamen zur Sprache. Ein Kerngedanke war, dass alles Trennende zwischen Bergarbeiterbewegung und Umweltbewegung überwunden werden muss und aktiver Widerstand erforderlich ist, um das Giftmüllproblem zu lösen.
Eine Veranstaltung, die wichtige neue Informationen und Anregungen gab für Bergarbeiter und die Umweltbewegung – und auch viel Stoff zum Nachdenken.