160828 FluechtlingsprotestSeit dem 25.8.2016 protestieren über 100 Flüchtlinge vor dem Hans-Sachs-Haus. Im Rat wollten sie ihre Existenznöte vorbringen. Man ließ sie zwar auf die Zuschauertribüne - aber Stadtspitze, SPD, Grüne, CDU wollten sie nicht mal anhören! Man vertröstete sie auf den Sozialausschuss im September. Ein Dringlichkeitsantrag dazu von Monika Gärtner-Engel, Stadtverordnete von AUF: abgeschmettert! Was für eine unglaubliche Ignoranz! Spontan begannen sie daraufhin ihr Protestcamp: „Wir brauchen eine Lösung, wir werden hier bleiben!“

Hintergrund ist die „Wohnsitzauflage“ im aktualisierten Integrationsgesetz der Bundesregierung. Das betrifft in unserer Stadt 1890 Flüchtlinge – vielfach ganz existentiell. Anerkannte Flüchtlinge, die nach dem 1. Januar nach Gelsenkirchen kamen, sollen dahin zurück, wo sie erstmals registriert wurden. Ihnen werden hier alle Hilfen zum Lebensunterhalt vom Job-Center abgelehnt. Keine Geld für Essen, Miete, Begleichung von Schulden! Dieses Bundesgesetz wird in Gelsenkirchen vorauseilend, noch bevor es Umsetzungsrichtlinien gibt, rigoros umgesetzt, anders als in andere Städten. Vor allem die rückwirkende Regelung verstößt aus unserer und der Sicht namhafter Fachleute gegen die Verfassung und gegen Gerichtsurteile zum Vertrauensschutz und EU-Recht. Für viele ehrenamtliche Flüchtlingshelfer bedeutet diese Regelung einen Schlag ins Gesicht. Nein zum möglichen Aus für die Willkommenskultur gegenüber Flüchtlingen in Gelsenkirchen! Diese Entwicklung fordert unseren gemeinsamen Protest und Solidarität heraus.

Was die Flüchtlinge nicht im Rat sagen durften:

„Wir haben uns gerade ein neues Leben aufgebaut, danke Deutschland, danke Gelsenkirchen. Warum werden wir zurück geschickt? Wer kümmert sich um kranke und alte Menschen, um Schwangere, die nicht krankenversichert sind? Warum wird das Gesetz rückwirkend geltend gemacht? Eine Familie wurde nach München zurück geschickt, und von dort aus wieder hierhin, weil sie mit ihnen nichts mehr zu tun hätten. Wie sollen wir von jetzt auf gleich umziehen, wenn unser Mietvertrag eine dreimonatige Kündigungsfrist hat? Was ist mit denen, die Arbeitsverträge haben? Wovon sollen wir Miete, Essen zahlen, wenn wir kein Geld mehr vom Job-Center bekommen? Es häufen sich jetzt schon Rechnungen und Schulden. Und das alles bei Menschen, die schon einmal im Leben alles verloren haben. Unseren Kindern wird die Chance auf eine unbeschwerte Kindheit wieder genommen. Wir appellieren an Ihr Mitgefühl, Verständnis, Herz, bitte lassen Sie uns ankommen und das Geschehene verarbeiten.“

AUF hat in der Diskussion mit den Flüchtlingen Forderungen aufgestellt:

  • Die Verwaltung muss die rückwirkende Anwendung des § 12a AufenthG („Wohnsitzauflage“) zurücknehmen bzw. vorerst aussetzen!

  • Die Bundesregierung muss die Kosten für die Flüchtlingsunterbringung vollständig übernehmen!

  • AUF unternimmt juristische Schritte wegen der groben Härtefälle sowie der schweren verfassungsrechtlichen Bedenken insbesondere gegen die rückwirkende Anwendung der Wohnsitzauflage einleiten.

  • AUF organisiert die praktische Solidarität und Unterstützung für die Flüchtlinge und ihr Protestcamp – helft mit Essens- und Getränkespenden, Unterstützung und Gesprächen!

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