160918ProtestErfreulicherweise erteilte - anders als noch in der Ratssitzung vor drei Wochen - der Ausschuss für Soziales und Arbeit einem Vertreter der Flüchtlinge Rederecht in seiner Sitzung am 14.9.16. Mohamad Ayman Al-Homsi berichtete eindringlich, wie sie durch die rückwirkende Anwendung der Wohnsitzauflage auf Punkt Null zurückgeworfen wurden, nachdem sie so glücklich und dankbar waren, nach monatelanger Flucht in Gelsenkirchen eine neue Heimat gefunden zu haben.
Wortreich verkündeten CDU- und SPD-Fraktion ihr Mitgefühl gegenüber der Situation der Flüchtlinge, um im gleichen Atemzug und trotz einer Vielzahl von fundierten Gegenargumenten von AUF und LINKE die Grundlinie des Integrationsgesetz und die Wohnsitzauflage zu verteidigen. Ob sich Frau Totzeck (CDU) mit ihrer Ansprache an die Flüchtlinge „Wir sind die Angela Merkel-Partei!“ einen Gefallen getan hat, bleibt abzuwarten. Denn immer mehr setzt sich unter den Flüchtlingen die Erkenntnis durch, dass Angela Merkel und ihre Partei zu den Verantwortlichen für das entmündige, unsoziale Integrationsgesetz gehört.

Dankbar waren die Flüchtlinge, dass sie im Ausschuss sprechen konnten, zugleich ernüchtert und enttäuscht über das Ergebnis. Bezeichnenderweise wurde der Inhalt der Abstimmung des Antrags von AUF auf Zusicherung des Aufenthaltsrecht in Gelsenkirchen für alle vor dem 6.8.16 gekommenen anerkannten Flüchtlinge und seine Ablehnung durch SPD, CDU, AfD und ProNRW nicht mehr auf arabisch übersetzt. Zufall?

Die Stadt kündigte an, alle von der rückwirkenden Anwendung der Wohnsitzauflage Betroffenen persönlich anzuschreiben und Gespräche zur Prüfung der Härtefallregelung zu führen. Das ist eine klare Reaktion auf den anhaltenden Protest der Flüchtlinge, von AUF und Montagsdemo. Doch mit dem Zugeständnis, wer nach Ablehnung seines Antrags auf Härtefallregelung „freiwillig“ vor dem 31.10.16 geht, bekommt Unterstützung durch das Jobcenter bei der Wohnungssuche und Umzug, stellte sie zugleich unmissverständlich klar: Wer das nicht macht, bekommt nur das gesetzlich vorgeschriebene Bahnticket und Verpflegungsgeld.

Dazu Ulja Serway, sachkundige Einwohnerin im Ausschuss: „Sich mit dieser modifizierten Anwendung der Wohnsitzauflage zufrieden zu geben, dass jetzt ausgesiebt wird, wer darf bleiben, wer nicht, statt z.B. die Härtefallregelung auf alle anzuwenden, kommt für AUF nicht in Frage. Die Aussage des Stabsleiters Flüchtlinge Herrn Olbering am Ende der Sitzung, dass die bisherige Schätzung von Flüchtlingszuweisungen 2016 in Höhe von 1.100 sicherlich noch weiter nach unten korrigiert wird (2015: 3.400), dass es nach wie vor freie Wohnungen in Gelsenkirchen gibt, unterstreicht unseren Antrag. Zudem hatte die NRW-Landesregierung am Tag zuvor beschlossen, die Wohnsitzauflage zumindest innerhalb von NRW nicht rückwirkend durchzuführen. Was Gelsenkirchen enorm belastet, sind nicht die Flüchtlinge, sondern dass der Bund die vollständige Übernahme der Kosten für Unterbringung, Versorgung und Betreuung der Flüchtlinge verweigert. Wo bleibt hier - auch angesichts der Rekord-Steuereinnahmen in den letzten beiden Jahren - die Empörung der Ratsfraktionen, deren Parteien in der Bundesregierung sitzen?“

Fazit: der Protest zeigt Wirkung - wer kämpft, kann gewinnen! Er muss aber weitergehen und verstärkt werden.