Üppige fünf, gefühlte endlose Stunden tagte der Rat. Ausufernde Redebeiträge, angekündigt mit „ich fasse mich kurz“, während die Redner seitenlange Redemanuskripte aufschlugen …. 1/3 der Zeit hätte gereicht! Etliche Zuschauer auf der Tribüne brachten eine Menge Geduld auf - die meisten verlassen jedoch die Sitzung schon nach kurzer Zeit. Die nervenzehrenden, langatmige Schlagabtäusche waren der Landtagswahl und anstehenden Bundestagswahl geschuldet. Monika regte an: „Vielleicht wäre es weise gewesen, heute zuerst einen TOP 1 „Wahlauswertung, Wahlen bewältigen, Wunden lecken, Aggressionen abarbeiten“ einzurichten, um danach konstruktiv und konzentriert zur Tagesordnung zu kommen. Das sollte man heute schon für die Sitzung nach den Bundestagswahlen vormerken.“

Kein Wunder, dass bei so vielen Bürgern eine berechtigte Politiker-Verdrossenheit herrscht. Der Rat zeigte: Bürgernähe? Fehlanzeige. Das Veto eines versierten Bürgers gegen den Verkauf der Walcker-Orgel und seine Vorschläge - abgeschmettert. Der Bürgerhaushalt als wirkliches Instrument der Bürger – auf SPD-Betreiben abgeschafft uvm
Auf der Besuchertribüne stärkten zwei Besucher von AUF der Stadtverordneten den Rücken. Helmut Troppmair und Martina Reichmann als beständige Gäste bzw. Begleiter im Rat und diversen Ausschüssen haben echte Achtung verdient!

SPD verweigert Einsicht in alle Unterlagen zur Bäderdiskussion

Die Offenlegung aller Dokumente zur Bäderdebatte bügelte die SPD kraft ihrer Stimmenmehrheit von der Tagesordnung ab, es sei alles gesagt und alles offen gelegt. Stimmt aber gar nicht! Es ging geht inzwischen nicht mehr nur um einzelne Strategiepapiere, sondern um die Veröffentlichung der ganzen internen Unterlagen. Durch die Hintertür kam die Diskussion aber immer wieder auf. Vorne weg: Dr. Pruin/SPD nahm sich später das Recht, aus dem TOP „Haushalt 2017 und Haushaltssanierungsplan“ quasi die Bäderdebatte II zu machen. Immer nach dem Motto: wann über die Bäder diskutiert wird entscheiden wir von der SPD. Basta.

Dr. Haertel/SPD war offensichtlich so auf 180 über die Ergebnisse der Landtagswahl, dass er selbst in der Tagesordnungs-Debatte versuchte, CDU und Grüne abzuwatschen, wie man angesichts ihres schlechten Wahlergebnisses wagen könne, selbsständig ein Tagesordnungspunkt zu beantragen.… Das war geradezu grotesk angesichts des allerschlechtesten Wahlergebnisses – nämlich das der SPD in NRW. Gelächter, Zwischenrufe und Tumult im Saal als Vorgeschmack auf den Verlauf.

Monika stimmte dagegen, den TOP abzusetzen: „Wer gehofft hatte, dass die SPD nach den NRW-Wahlen und ihrem Absturz zum Nachdenken kommt, dass sich die SPD gegenüber Kritikern und Andersdenkenden danach anders verhält, sieht sich getäuscht.“ In Basta-Mentalität verhinderte die SPD den TOP, bei Gegenstimmen von AUF, Grünen, WIN, CDU. Mit der SPD stimmte die Linke (das umstrittene Strategiepapier sei nicht mehr relevant für die Debatte) und Ex-Pirat Hansen.

A propos Transparenz: Die von Monika beantragte Akteneinsicht in die brisanten Unterlagen zum Deal Stadtwerke und DSK beim Sportparadies, womit keine weiteren Forderungen an die DSK gestellt werden können, ist immer noch nicht genehmigt.

Bürgerhaushalt de facto abgeschafft

Was die SPD als "Verbesserung" der Bürgerbeteiligung im Haushaltsverfahren verkauft, ist Etikettenschwindel. Statt einer längeren Vorschlags- und Bewertungsphase und Eingaben zu allen Themen tritt jetzt eine einmalige Versammlung auf Bezirksebene an die Stelle, auf der über ein finanzielles Kontingent und Vorschläge abgestimmt wird, die sich auf den Bezirk beziehen.

Monika für AUF: „Das ist keine Verbesserung, sondern eine Strangulierung. Warum gab es die Probleme mit einer breiteren Beteiligung? 87 Prozent der Vorschläge wurden abgelehnt, da braucht man sich über mangelnde Teilnahme nicht wundern! Besonders lehne ich ab, dass man den Bürgern anscheinend nicht mehr zutraut, als 'dass sie kleine Vorschläge aus der Nachbarschaft' einbringen, aber für die großen Fragen da sind – wie Dr. Haertel explizit sagte - die Gremien zuständig sind, was ehrerbietig akzeptiert werden soll. Damit erklärt man doch die Bürger für doof. Deswegen lehnt AUF dieses Verfahren entschieden ab!“

Die Linke positionierte sich, dass das bisherige Verfahren nur ein kommunales Vorschlagswesen gewesen sei und plädierte dafür, das neue Verfahren zu testen. Mit der Mehrheit der Stimmen von SPD, Linke, Hr. Hansen und gegen alle anderen wurde das AUS des bisherigen Bürgerhaushaltes damit beschlossen. Man kann teilweise über die Linke derzeit nur den Kopf schütteln.

Schwarzer Tag für Gelsenkirchen – Walcker-Orgel kommt weg!

Und das zu einem symbolischen Wert von 1 Euro. Herr Klefken als versierter Bürger hatte sich die Mühe gemacht, eine Petition gegen den Verkauf der Orgel mit vielen Argumenten einzureichen: "Wenn die Orgel die Königin der Instrumente ist, kommt die Walcker-Orgel einer Kaiserin gleich. Sie gehört zur Marke Gelsenkirchen und ist ein weicher Standortfaktor für die Stadt.“ Er warf auf, dass der Wiederaufbau der Orgel zu einem Projekt für die ganz GE gemacht werden müsste, wie es beim Bochumer Musikforum der Fall war. Seine Rede ist auf der Homepage der Stadt Gelsenkirchen zu lesen.

Natürlich ist bei vielen Katzenjammer, dass dieses Kleinod nicht in unserer Stadt bleibt, auch bei Kulturvertretern, bei Ratsvertretern von SPD und CDU. Nur: haben sie glaubhaft alles unternommen, damit es nicht dazu kommt?

Monika bezog entschieden Stellung gegen den Verkauf:

„Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren!

Wir von AUF stimmen dem Verkauf der Walcker-Orgel nicht zu!

Dafür gibt es gute Gründe! im Rat gab schon häufiger und berechtigt Beschwerden am Negativimage von Gelsenkirchen in der überregionalen Presse. Ausgerechnet dieses besondere Kleinod, die Walcker Orgel, abzugeben, ist für uns nicht akzeptabel. Sie ist immerhin die bedeutendste Saalorgel Deutschlands, sie wird in der Fachliteratur als „Wunder-Orgel“ genannt, sie reiht sich ein in berühmte Orgeln wie die im Stephansdom und der Boston Music Hall. Damit ist sie ein Alleinstellungsmerkmal für unsere Stadt, das wir auf keinen Fall aufgeben wollen.

Es wird ausgeführt, dass die Stadtverwaltung intensive Bemühungen nach einer Standortsuche erbracht hat. Einige sind tatsächlich erfolgt, aber nicht ausreichend. Dem heutigen Vortrag nach sind noch Optionen offen. Ich verweise vor allem darauf, dass mit der Diskussion um das Hans Sachs Haus wir von AUF Gelsenkirchen immer wieder den Bau eines Saales beantragt haben, in dem die Orgel weiter in Betrieb kommt. Konkret wurden sämtlich diesbezüglichen Antrage und Vorschläge von AUF abgeschmettert. Es gibt also keinen Grund zu sagen, es hätte keine Ideen, Vorschläge oder Anträge gegeben und es wäre unmöglich gewesen, die Orgel hier zu behalten. Im weiteren Verlauf gab es Vorschläge, die Heilig Kreuzkirche für die Orgel zu nutzen: auch hier gab es noch Diskussion und Optionen, die unseres Erachtens nicht ausreichend geprüft wurden.

In der Befassung mit den damaligen Unterlagen fällt auf, dass der ehemalige Landtagsabgeordnete Markus Töns eine besonders unrühmliche Rolle gespielt hat mit inkompetenten Äußerungen über die Walcker-Orgel. Es gab tatsächlich über Jahre ein „Kulturbanausentum“ v.a. seitens der SPD in Gelsenkirchen. Das wird hier mit der Diskussion um die Walcker Orgel fortgesetzt. Wir sprechen uns von AUF Gelsenkirchen unbedingt dafür aus, weitere Bemühungen zu unternehmen!

Ich möchte nach dem Vortrag von Herrn Klefken beantragen, die Abstimmung heute auszusetzen zu Gunsten einer weiteren Beratungsrunde. Wir kaufen oft externen Sachverstand, gerade haben wir externen Sachverstand sogar ehrenamtlich gehört. Dabei wurden verschiedene Möglichkeiten genannt, die unbedingt noch einmal geprüft werden sollten.

In Bezug zum Vertrag mit Papenburg, in dem von „keinem großer Vorteil“ die Rede ist: Nach meinen Erkundigungen hat die Orgel aktuell einen Wert von ca. 3 Millionen Euro, und wenn ich richtig informiert bin, wurden rund 1,5 Millionen Euro in die Restaurierung investiert. Deshalb ist die Vereinbarung zu einem symbolischen Preis von 1 Euro auch unter diesem Gesichtspunkt nicht akzeptabel.

Kurz und gut, die Walcker-Orgel ist ein Juwel, sie könnte wieder ein wunderbares Alleinstellungsmerkmal für Gelsenkirchen werden, dazu sollten alle Mittel und Wege ausgeschöpft werden! Deshalb plädiere ich dringend dafür, die Anregung von Herrn Klefken aufzugreifen zu Gunsten einer weiteren Beratungsrunde. Verwiesen sei auch auf das Buch des Deutschen Werkbundes „Weltstar Hans Sachs Haus“ mit einem Kapitel von Karl-Heinz Rotthoff über die Geschichte und Bedeutung der Walcker Orgel und über ihr Potenzial für Gelsenkirchen. Vielleicht hilft Ihnen das noch einmal, die entsprechende Energie aufzubringen, nochmals Wege für den Verbleib in Gelsenkirchen zu zu suchen und zu finden.“

Auch bei der Linken gab es Kontroversen zum Thema, Bettina Peipe sprach sich dagegen aus, das Tafelsilber weiter zu verkaufen und brachte Vorschläge aus wie Festivals, Crowdfunding und Tourismus dafür zu nutzen.

Den Antrag von AUF aufgrund der Petition von Hr. Klefken im Rat nicht abzustimmen und weiter zu beraten stimmten nur Bettina Peipe/Linke und AUF zu.

Bei Gegenstimmen der Linken und AUF und einer Enthaltung der Linken wurde die Vorlage zum unsäglichen Verkauf der Orgel beschlossen.

Monika nahm selbstkritisch Stellung, dass der Vertreter von AUF im Kulturausschuss sich nicht klar entsprechend der seit Jahren vertretenen Meinung von AUF positioniert hatte und somit die Vereinheitlichung in der Vorbereitung nicht ausreichend erstritten wurde.

AUF lehnt Satzung für Marthaweg ab

Der Marthaweg ist schon einige Zeit Politikum in GE und steht für die Forderung nach mehr Einbeziehung der BürgerInnen in Entscheidungen, statt über ihre Köpfe hinweg zu agieren, bürokratisch vorzugehen, die Wünsche der BürgerInnen nicht im Vorfeld genau zu sondieren und aufzugreifen, um Spielräume auszuschöpfen. Hier haben die AnwohnerInnen am Marthaweg auf jeden Fall für Aufmerksamkeit gesorgt und einen Erfolg erreicht, zu dem AUF ihnen gratuliert.

Den Antrag auf Rederecht für die Anwohner, den AUF gestellt hatte, zog Monika zurück, nachdem die Betroffenen sich für andere Wege als weitere – aus ihrer Sicht fruchtlose – Debatten entschieden hatten. Monika: „Wir lehnen für AUF die Satzung ab. Dass die Kosten zu 50 % auf die Anwohner umgelegt werden, statt teilweise 60 %, ist sicher ein kleiner Erfolg. Aber die Umwandlung der Straße in eine verkehrsberuhigte Mischverkehrsfläche hätte mit den Anwohnern vorab geklärt werden müssen. Zudem legt die Straßenbaubeitragssatzung in Par. 3 ausdrücklich keinen festen prozentualen Anteil der Beitragspflichtigen fest, sondern sieht eine Einzelfallentscheidung vor.“

AUF stimmte als Einzige dagegen, die CDU enthielt sich.

Monika stellte später an diese Diskussion anknüpfend folgende Anfrage:

„Die Diskussion um die Strassensanierungen / Umgang mit den Anwohnern des Marthaweges wirft Fragen auf:
Wieviele Straßen sind in Gelsenkirchen sanierungsbedürftig?
Wie viele sind davon in privatem Besitz?
Wie viele liegen in Wohngebieten mit privaten Wohnungsunternehmen?
Nach welchen Kriterien werden die Prioritäten gesetzt?
Wieviele Anwohner der betroffenen Straßen wurden bereits angeschrieben?
Warum sind Gespräche vor Beginn der Straßensanierungen offenbar nicht standardmäßig geplant?
In welcher Form werden Vorschläge der Anwohner/innen angeregt und einbezogen?
Wie hoch ist das Volumen, das mit der Erhöhung der Einnahmen für den Haushaltssicherungsplan generiert werden soll und welche rechtliche Grundlage greift hier?
In welchem Zeitrahmen? Welchen Spielraum hat die Stadt dabei?“

Ja von AUF zur Entsendung eines muslimischen Vertreters in den Ausschuss für Kinder, Jugend und Familien …

aus 19 Moscheegemeinden soll dafür ein Vertreter von ihnen gewählt werden. AUF übt aber Kritik an der Beteiligung von Milli Görüs, von denen drei unter den insgesamt 19 beteiligten Moschee-Gemeinden sind! Monika: „Diese Bewegung ist nicht einfach eine Religionsgemeinschaft sondern vertritt politischen, ultrareaktionären Islam, agiert und argumentiert offen antidemokratisch, antisemitisch, politisch reaktionär und dies nicht zuletzt gegenüber Frauenrechten, Milli Görüs ist gegen den säkularen Staat. Ich werde aber insgesamt der Vorlage zustimmen und plädiere für die vorgeschlagene 2/3 Mehrheit bei der Wahl, damit diese sehr heterogene Gruppe sich in einem Konsens einigt und einen Vertreter wählt, der sie wirklich repräsentiert.“ Damit stellte sie sich auch gegen den Antrag von WIN, Wahlen nur mit einfacher Mehrheit zuzulasssen.

Zu einem kurzen Diskurs kam es nach der Äußerung von Hr. Lehmann, SPD, an Monika, man müsse Milli Görus „ertragen“. „Herr Lehmann, ich habe Sie als einen häufig schlechten Demokraten gegenüber links stehenden Menschen erlebt, und jetzt wollen sie die extreme Rechte ertragen? Das muss man nicht ertragen – da muss man sich positionieren!“ Herr Lehmann revidierte sofort, seine Meinung sei nicht gewesen, man müsse diese Meinung oder Ansichten ertragen, er hätte sich lediglich auf die Eingruppierung von Milli Görüs durch das Dialogforum Islam bezogen.

Neue Stellvertretende Einwohnerin für AUF im Ausschuss für Arbeit und Soziales

Wilma Mittelbach wurde dafür mit einstimmigem Votum gewählt. Sie bringt viele Erfahrungen aus ihrer Arbeit als Flüchtlingsberaterin im Treff International ein. Zusammen mit Ulja Serway als Ausschussvertreterin freuen wir uns über ein starkes Team. Herzlichen Glückwunsch und viel Erfolg!