Bartholome AnnaLeserbrief von Anna Bartholomé: „Fast jeden Tag komme ich am Rosa-Böhmer-Platz in der Nähe des Hans-Sachs-Hauses vorbei. Der Platz ist benannt nach dem 9-jährigen Sinti-Mädchen Rosa Böhmer, das 1943 mit Mutter und Geschwistern von den Hitlerfaschisten in Ausschwitz ermordet wurde – wie hundertausende Sinti und Roma. An der Einweihung des von Antifaschistinnen und Antifaschisten erkämpften Platzes nahmen unsere Gelsenkirchener Stadtspitzen aus CDU, SPD und FDP mit würdevollen Minen teil und schworen: „Nie wieder Faschismus!“

Jetzt ist auf diesem Platz ein sehr schöner Spielplatz mit Wasserfontänen angelegt und es spielen dort - zusammen mit anderen – auch viele Sinti-Kinder. Aber genau gegen ihre Familien richtet sich die immer wieder neu aufgelegte Hetze. Jetzt bejammern SPD-Bezirksbürgermeister in ganzseitigen WAZ-Artikeln das „Scheitern der Integration“.

Ja, es gibt - wie bei allen neuen Zuwanderungsgruppen – und hier vielleicht sogar besonders ausgeprägt - Probleme im Zusammenleben mit Menschen, die auf der Suche nach einem besseren Leben hierher kamen – wie ganze Generationen im Ruhrgebiet vorher. Es sind die rassistischen Regime gerade in Bulgarien und Rumänien, die mit massivem Antiziganismus diese Menschen ins Elend stürzen und zum Verlassen ihrer Heimat treiben. Die allermeisten arbeiten hier – in schlecht bezahlten ausbeuterischen Jobs in Schlachthöfen, am Bau usw – und sie sind womöglich eines gewohnt: sich ihrer Haut zu wehren. Das richtet sich vielleicht auch manchmal gegen die Falschen. Aber was tut die Stadt und ihre Bürgrmeister gegen mafiöse Strukturen und die Vermieter von Schrottimmobilien? Wie intensiv sind die Bemühungen, die Familien mit sprachkundigen Lotsen aufzusuchen? Was wird wirklich getan, damit alle diese Kinder in Kitas und Schulen „ankommen“. Sie können die wichtigsten Brückenbauerinnen für das Leben ihrer Familien in Gelsenkirchen sein. Der antifaschistische Kampf gegen Antiziganismus und Rassismus darf sich ja wohl nicht in der Einweihung von Gedenkplätzen erschöpfen."