Herrn Michael Groschek

Sehr geehrter Herr Minister!

Aufgrund der äußerst restriktiven Gästeliste für den geschlossenen Festakt zur Eröffnung des Hans-Sachs-Hauses in Gelsenkirchen war ich die einzige aus dem Spektrum der Bürgerinitiative "Licht in das Dunkel um das Hans Sachs Haus", die Ihrer beeindruckenden Rede lauschen konnte. Als Stadtverordnete für das überparteiliche Personenwahlbündnis AUF Gelsenkirchen musste ich nämlich notgedrungen eingeladen werden! Dafür bin ich sehr dankbar.

Beeindruckt war ich schon über Ihre Ausführungen zum "Willkommensgruß an Investoren" und „außerordentlich gute Renditeerwartungen…“ - das war im Zusammenhang mit dem Hans-Sachs-Haus wirklich passend.

Besonders angesprochen fühlte ich mich natürlich von Ihren Ausführungen, dass es im Zusammenhang mit dem Hans-Sachs-Haus keine Wutbürger gebe. Die MLPD/ AUF-Leute vor der Tür seien keine Wutbürger, sondern allenfalls Folklore.

 

Ich muss gestehen: Zunächst hatte ich große Schwierigkeiten, den tieferen Sinn Ihrer Ausführungen zu verstehen. Was meint er genau damit? So grübelte ich das ganze Wochenende. Schließlich ist man als respektvolle Bürgerin verpflichtet, sich den zweifellos wohl überlegten und tiefgehenden Gedankengang eines Ministers zu Herzen zu nehmen!

Schließlich zog ich das Internet, namentlich das allseits beliebte Internetlexikon Wikipedia, zu Rate. Und siehe da: Es kam Licht in das Dunkel Ihrer Ausführungen! Ich musste feststellen, dass ich Sie doch zunächst tatsächlich gründlich missverstanden hatte – so, als ob sie die Leute vor der Tür abqualifizieren oder sich gar über sie lustig machen wollten. Weit gefehlt!

Wikipedia erklärte mir zuerst, was im wissenschaftlichen Sinn "Wutbürger" sind: Dabei "… handele es sich vornehmlich um eine ältere und wohlhabende konservative Personengruppe, die sich mit ‚Wut‘ und ‚Empörung‘ gegen als Willkür empfundene politische Entscheidungen wendet." Da dämmerte es mir: Wie recht Sie doch haben! Die Protestierenden vor der Tür waren tatsächlich nicht wohlhabend – geschweige denn konservativ! Die Schilder gaben dem Befremden Ausdruck, dass sie als Akteure des ersten Bürgerbegehrens Gelsenkirchens - Licht in das Dunkel um das Hans Sachs Haus - bzw. als Gegner des bereits vorhandenen Abrissbeschlusses nicht zur Festveranstaltung geladen waren.

Noch interessanter war für mich aber die Ausführung bei Wikipedia, dass es sich bei "Folklore" im eigentlichen Sinn nicht um Volkstanzgruppen oder gar Dirndl- und Lederhosenträger handelt. Laut Internet-Lexikon ist Folklore im wörtlichen Sinn DAS WISSEN DES VOLKES.

Im Klartext: Sie versuchten der Festversammlung nahe zu bringen, dass die Leute von MLPD und AUF keine reichen und konservativen Protestierer sind, sondern das Wissen des Volkes repräsentieren.

Wie konnte ich Sie nur so fehl interpretieren! Dafür möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich entschuldigen. Ihre wertvollen Ausführungen stellten in Wirklichkeit eine sehr bedeutsame Botschaft dar, die weit über den Tag hinaus für Gelsenkirchen Bedeutung hat.

In diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre Denkanstöße, grüße Sie herzlich aus der sonnigen Horster Mitte in Gelsenkirchen und wünsche Ihnen auch weiterhin alles Gute für Ihre verantwortungsvolle Arbeit!

Mit folkloristischen Grüßen!

Ihre

Monika Gärtner-Engel