Lasst und mal was erfinden was so richtig Scheiße ist.

Am besten bauen wir was, das wird und war irre teuer. Und völlig sinnlos. Damit unsere total verschuldeten Städte noch was an ne Hacken haben. Ich hab ´s: Ne Fahrradautobahn. Von Hamm, über Dortmund, Gelsenkirchen, Herne und Essen bis Duisburg. Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 - 25 Kilometer. Pendler steigen aufs Rad um, keine Staus mehr, die Luft bleibt rein.

Wenn ein Hobby-Rennradler der Tour de Franc mal Zwangspause hat, an der Ruhrtal-Fähre, wo er warten muss, weil das Schiff kommt. Und der holt dann so aus, guckt auf seinen Tacho und sagt das es alle hören: „26,5 Kilometer, das ist doch kein schlechter Schnitt!“, dann macht euch klar, das der Tacho misst nix, wenn der steht.

Denkt da mal drüber nach: Ihr steht im Stau, auf der A 40, und es geht gar nichts mehr, nicht einen Zentimeter. Das zieht sich endlos, Minuten dehnen sich zu Stunden.Die Zeit steht still.  - Und du denkst, wenn jetzt die Zeit wirklich stillsteht - im Stau -  dann komm ich ja vielleicht doch pünktlich zu meinem Termin?

So bin auch ich schneller. Aber auf der Fahrautobahn braucht ja keiner zu stehen! Wie breit is so ne Fahrradautobahn für zwei Millionen pro Streckenkilometer? Weniger als vier Meter, vielleicht drei? Weniger als ne halbe Straßenfahrbahn für beide Richtungen? Nie kommt dir einer entgegen?

Und die Radfahrer fahren natürlich auch alle gleich schnell, zwanzig Kilometer!  Keiner zehn, keine Familie mit ihren Zwergen acht und keiner zwölf, so das du bremsen und ausweichen musst? Gibt es ein Mindesttempolimit nach unten, wie auf der Autobahn? Wird es eine Fahrradautobahn-Polizei geben, die Bummler aufbringt und von der Strecke holt, damit die sportiven Pendler pünktlich auf der Arbeit sind?

Die Fahrradautobahn hat viele Auf- und Abfahrten, sonst kannst die ja nicht benutzen. Musst ja irgendwie drauf. Arbeitsweg Gelsenkirchen-Duisburg über Gelsenkirchen-Rheinelbe, Essen Bahnhof-Kray, Essen-Uni, Mülheim Abzweig-Grugaweg, Mülheim-Hauptbahnhof, Duisburg, Abzweig-Universität:  Musste einen reinlassen und willst´e selbst raus. Nie halten? Das kannst´e dir abschminken.

Ich lade euch alle ein, diesen 20 - 25 Kilometer-Durchschnitt unter realen Bedingungen mit mir einmal gemeinsam zu versuchen. Wie zwei Mitglieder. Die meldeten sich bei mir schon mal an, zum Test. Leider kam es nie dazu.

Wenn ich gut drauf bin, wenig Gegenverkehr habe, nicht halten muss, keine Pause mache, schaffe ich Hagen-Gelsenkirchen an der Ruhr in vier Stunden, das sind 60 Kilometer, also 15 Stunden-Kilometer.  Also etwa die Entfernung Gelsenkirchen – Münster.

Sagen wir mal eine Steuerfachangestellte oder ein Verlagskaufmann arbeitet nicht in Münster sondern in Duisburg.  Arbeitsweg ist Gelsenkirchen-Duisburg. Wir wollen fair bleiben.

Bis dort sind es 41,6 Kilometer nach den alten Radrouten, macht bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 Kilometer 2:25 Stunden/Minuten. Nach der Streckenkorrektur durch die Fahrradautobahn schrumpft die Entfernung auf 25 Kilometer.

Streckenkorrektur?  - Gerhard Mercator war ein Duisburger Philosoph und Mathematiker, der einen Weg fand, die Kugelgestalt der Erde auf einer Fläche so abzubilden, dass die Längen- und Breitengrade stimmen und England da lag, wo England eben liegt. Das war wichtig für die Seefahrer. Googe Maps arbeitet noch heute nach dieser Mercator-Projektion. Amerika ist aber im Verhältnis zu Grönland zu klein. Mit anderen Worten. Die Kilometer verschwinden in der Karte: Aber in  der Wirklichkeit sind die doch da, und müssen auch getreten werden.

Es ist wahrscheinlich viel einfacher. Wenn ich auf dem Radroutenplaner NRW Duisburg Gelsenkirchen eingebe, beträgt die Entfernung  30,8 Kilometer, heute bereits, ganz ohne Fahrradautobahn. Die Ersparnis liegt bei 6 Kilometer und nicht bei 16,6.

Es  gibt drei Arten der Manipulation: Man schönt das Ergebnis. Oder man verschlimmert die Ausgangslage, die das Ergebnis aufhübscht.  Oder man kombiniert beides. Der Projektleiter der Studie nennt diese Verfahren Potenzial-Analyse.  Ist in dem Wort Analyse das Wort „anal“ nicht schon drin? Wäre Verarschungs-Potenzial nicht das richtige Fachwort?

Zurück zum Beispiel. Bei 25 Kilometer Entfernung benötigen wir für Gelsenkirchen – Duisburg, mittels Fahrradautobahn und erhöhter Geschwindigkeit  von 20 Kilometern – was man ja  gar nicht schaffen kann - 1 Stunde 14 Minuten. Es fehlt noch der Weg von Gelsenkirchen-Rheinelbe bis nach Gelsenkirchen-Horst. Dort wohnt der Verlagskaufmann und die Steuerfachgehilfin.

Ist wirklich doof, die Fahrradautobahn kann natürlich nicht bis zur Haustür eines jeden Pendlers ausgerollt werden. Was wohnst du so weit draußen? Selbst Schuld.

Auf diesem  all um  spannenden Entspannungs-Szenario  fußt die Projektstudie. Sie  fährt, oder sollte man besser sagen, sie tritt mit tönernen Füßen. Die letzten Kilometer ziehen den Geschwindigkeits-Schnitt weiter nach unten: Der Weg auf der Grothus-Straße ist mit neun Ampeln und Schlaglöchern gezeichnet, ein Leidensweg seiner Selbst. Wir kommen hier auf 15 Kilometer, eher 12 Kilometer  - wir wollen hier nicht kleinlich sein -  das  sind 9,7 Kilometer in 38 Minuten. Die kommen dann „on Top“ oben drauf auf die 1:14 Stunden/Minuten der Fahrradautobahn: Macht 1:52 Stunden/Minuten strampeln für einen Arbeitsweg, täglich drei Stunden 45 Minuten.

Da lass ich mein Auto glatt in der Garage stehen! Originalton der Studie: „Mit zunehmender Distanz verringert sich also die Nutzung von Fahrrädern, was insbesondere auf den größeren Zeitaufwand sowie erhöhte körperliche Anstrengungen zurückzuführen ist. Insbesondere für Pendlerinnen und Pendler spielt die R e i s e z e i t  eine erhebliche Rolle. ...” 

Oh, Schatz, warum kommst du heute so spät von der Arbeit?  - Ja, meine Reisezeit hat sich heute auf der  A 40 so dramatisch verlängert.

Ich wusste bisher gar nicht, dass ich täglich zwei Stunden Urlaub mache und deshalb auf der Arbeit zu müde bin. Wusstet Ihr das?

Kommt mir jetzt nicht mit dem Elektrofahrrad. Die von der Studie haben das versucht, konnten aber nicht über das Bundesgesetzblatt vom 20. Juni 2013 drüber fahren: „Die E-Bikes genannten Fahrräder, das sind 95 % aller Elektrofahrräder in Deutschland, unterstützen den Radfahrer   n u r  bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Kilometern “.  Kannst´e treten wie die willst, bei 25 Kilometer ist Ende.

E-Bikes entfalten ihren Wirkungsgrad vor allem bei Steigungen, auf Flachstrecken sind sie sinnfrei. In unserem Rechnungsbeispiel bringen sie ganze 15 Minuten weniger Fahrzeit pro Weg, also 30 Min pro Arbeitstag, also immer noch drei-Einvierviertel Stunden.

Wenn die da ankommen, was machen wir dann mit denen? Die einen schicken wir zum Duschen, die anderen zum Arzt? In meiner Firma ist das heute schon soweit: Ich kam aus dem Toilettenhäuschen und sah einen Mann mit nacktem Oberkörper, der sich von oben bis unten mit Axe einsprühte. „Ich bin gerade mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren.“ Ja, bei uns gibt’s halt keine Duschen. Geruchskino kenne ich, Geruchstelefonieren bisher nicht.

Wie kann man kann man die Fahrradautobahn noch beschissener machen?

Es geht ums Geld. Im September 2013 ging der Regionalverband Ruhr noch von 100 Millionen Euro Gesamtkosten aus,  für die  94,6 Kilometer zwischen Duisburg und Hamm: Das sind 1,05 Millionen Euro pro Kilometer. Der WDR berichtete am 05.09.2014 von 180 Millionen Euro,  also von  1,902 Millionen Euro pro Streckenkilometer. Eine Verdoppelung der Streckenkosten innerhalb eines Jahres. Baubeginn soll 2015 sein, Fertigstellung 2020 zum  Jubiläum der Regionalverbandes Ruhr. Der will sich selber beschenken mit der RS1, dem Radschnellweg 1.

Apropos Bescherung: Liebe Kinder: Ist es wahrscheinlich, dass ein Großprojekt erstens so viel kostet, wie geplant, und zweitens pünktlich fertig wird? Nein, liebe Kinder, das ist nicht sehr wahrscheinlich. Fünf Jahre Kostenverdoppelung in Folge sind zwei hoch fünf, macht: das 32-fache des ursprünglichen Preises bis zur Fertigstellung, selbst wenn wir völlig wahnsinnig annehmen, dass das pünktlich klappt.

Dann kommt der Winter.  Auf Grund starken Schneefalls kann es heute auf der Fahrradautobahn zwischen Hamm und Duisburg zu erheblichen Behinderungen kommen. Saison gerechte Bereifung, Sturzhelm und langsame Fahrweise sind Pflicht. Radfahrer die noch nicht aufgebrochen sind, werden gebeten heute aufs Auto umzusteigen.

Ökologie: Vergiss es! Ca. 50.000 Pendler würden auf ihr Auto ganz verzichten und auf das Fahrrad oder das E-Bike umsteigen. Im Juni 2012 pendelten 844.500 Menschen aus dem  Ruhrgebiet zur Arbeit, und 887.000 Menschen fuhren in das Ruhrgebiet rein. In den letzten 20 Jahren stieg sowohl die Zahl der Einpendler und Auspendler in fast gleicher Höhe um 26 Prozent.

Die Mobilität der Menschen im und zum Ruhrgebiet nimmt um etwas mehr  als ein Prozent  pro Jahr zu. Man muss kein Hellseher sein, um zu sagen, das geht so weiter.

Rechnen wir einfach mit der niedrigeren Zahl der Einpendler: Ein Prozent Pendler mehr pro Jahr, das sind 8445 Autofahrer, bis zur Fertigstellung sind es 5 Jahre also  42.225. Wir müssen von der doppelten Menge ausgehen, denn die Auspendler kommen ja noch dazu: 84.450. Davon ziehen wir die  50.000 Autofahrer ab, die über die tolle Fahrradautobahn radeln. Macht in 2020 34.450 Autofahrer mehr, die als Pendler die Autobahnen und Stadtautobahnen zusätzlich benutzen, als zu Zeiten da  es die Fahrradautobahn nicht gab. Das is ja ganz toll.

Der Arbeitweg kostet mehr Zeit. Er ist körperlich anstrengend, bist platt, auf der Arbeit kriegste mix mehr regelt. Duschen kannste auch nicht: Is sinnlos und war scheiße teuer: Aber schön, das unsere total verschuldeten Städte noch was an ne Hacken haben.

Leute glaubt mir, es gibt noch viel schlimmere und sinnlosere Bauwerke, als den Berliner Flughafen. Den Weser-Jade Port in Wilhemshafen, der einzige Tiefseehafen Deutschlands. Kosten 1 Milliarde Euro. Seit zwei Jahren hält dort ein Container-Schiff, nicht in der Stunde, sondern in der Woche. Kannste nicht benutzen und is völlig sinnlos.

Wenn in Stuttgard 21 ein Zug pro Woche hält, würden sich die Schwaben in Grund und  Boden schämen.  - Weil die das ahnen, dass es so kommt, haben den Bahnhof gleich unter die Erde gelegt.

Vielleicht kann man das Projekt so retten, die Fahrradautobahn unter Tage? Wenns schief geht, muss man das Elend nicht sehen.

Erinnert ihr euch noch an den Metro-Rapid, den Hochgeschwindigkeitszug zwischen Duisburg und  Dortmund? Der war ja dann zu teuer. Dann gab des den City-Express, so ne abgespeckte Version des Metro-Rapid, der Metro-Rapid-Light. Man hat nie wieder was davon gehört. Und jetzt die Fahrautobahn. Dieser Groschen ist kein Sturzbomber: Der Fußschnellweg kommt bestimmt.