161021 Prozess Lala 1Diesem Ziel ist der „Freundeskreis Lala“ mit dem heutigen Prozesstag einen Riesenschritt näher gekommen. Im „Freundeskreis“ setzen sich Schalker Nachbarn, AUF Gelsenkirchen, Courage sowie Bewohner und Mitarbeiter des Liebfrauenstifts seit über einem Jahr für ein Bleiberecht für die Familie ein. Eine online-Petition wurde mit über 50.000 Unterschriften unterstützt.

Der Sitzungssaal 1 des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen war rappelvoll – ca. 50 Zuhörer, darunter zahlreiche Senioren der Einrichtung, in der die beiden Lala-Brüder monatelang ehrenamtlich arbeiteten, zeigten ihr großes Interesse am Schicksal der Familie.
Eine Seniorin sagte: „Ich musste unbedingt kommen, ich hätte es zuhause nicht ausgehalten“. Viele von ihnen kamen im Rollstuhl, zusammen mit je einer ehrenamtlichen Helferin oder einem Helfer.

161021 Prozess Lala 2Zusammen mit weiteren Freunden und Kollegen der Lalas beeindruckte die Schar der Unterstützer das gesamte Gerichtspersonal inclusive den Richter. Er war sehr bemüht, den Zuhörern Gegenstand und Ablauf der Verfahrens zu erklären: zunächst um Indrit Lala, der dem Gericht auf Nachfrage erklärte, dass er nach seinem traumatischen Afghanistan-Einsatz, bei dem sein bester Freund umgekommen ist, keine psychotherapeutische Unterstützung in Albanien gefunden hatte. Warum er bei seiner Anhörung im Asylverfahren über diese Ereignisse nicht gesprochen habe, wurde er dann gefragt. Das habe er nicht gekonnt, zu schrecklich waren die Erinnerungen. Das überzeugte den Richter – er hob denn auch in seiner Urteilsbegründung hervor, dass es im Wesen einer Traumafolgestörung liegt, dass traumatisierte Menschen nicht über das sprechen können, was sie so verletzt hat. Das stehe natürlich im Widerspruch zum Inhalt des Asylverfahrens, wo es ja gerade darum gehe, alle Tatsachen vorzutragen. Darum habe er das jetzt im gerichtlichen Verfahren zu prüfen und Indrits Vortrag habe ihn überzeugt. Weiterhin erklärte der Richter, dass nach gültiger Rechtslage die Flüchtlinge sich auf das Gesundheitswesen ihres Herkunftslandes verweisen lassen müssen, auch wenn dessen Standard deutlich schlechter sei. Andererseits würde ein Abbruch einer Traumatherapie zu einer derartigen Verschlimmerung der psychischen Beschwerden führen, dass es dann zur stationären Aufnahme in der Psychiatrie kommen würde. Nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes herrschten in Albanien so schlimme Zustände, dass „niemand hier das selbst kennen lernen möchte“. Darum entscheide er in seinem Fall auf ein Abschiebeverbot. Die Zuhörer waren begeistert und applaudierten spontan – Indrit darf nicht abgeschoben werden! Die Solidarität hat gesiegt, der Kampf hat sich gelohnt!

Als nächstes ging es um Xhema Lala: auch sie sollte dem Richter schildern, warum sie in Albanien nicht bleiben konnte. Das versuchte Xhema auch, aber die Erinnerungen brachen so über sie herein, dass sie vor Weinen nicht mehr antworten konnte. Da es von ihr auf Anraten ihrer Ärztin einen Antrag auf gesetzliche Betreuung gibt, und hier demnächst mit einem schriftlichen Gutachten und einer richterlichen Entscheidung zu rechnen ist, brach der Richter die Verhandlung schließlich ab und entschied, diesen Ausgang erst einmal abzuwarten und dann nach Aktenlage zu entscheiden, um Xhema nicht noch eine weitere Befragung zuzumuten. Ein sehr menschlicher Zug von ihm! Alle sind nun zuversichtlich, dass es auch für Xhema einen ähnlichen Ausgang des Verfahrens geben wird und werden sie dabei weiter unterstützen.

Nach diesem glücklichen Ausgang lud die Senioreneinrichtung alle Unterstützer noch herzlich auf eine Tasse Kaffee ein, um sich gemeinsam über diesen wunderbaren Erfolg zu freuen. Neue Freunde entstanden, gemeinsam waren sich alle einig: für alle eine wichtige Erfahrung im solidarischen Kampf um ein Asylrecht, das diesen Namen auch verdient.