Leserbrief an die WAZ zum Leserbrief von Detlev Schläger „Populistische Keule“ vom 30.3.2020
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Herr Detlev Schläger fordert uns in seinem Leserbrief auf, uns unbesehen und wie Kleinkinder bei den Corona-Maßnahmen auf die Verantwortlichen zu verlassen. Das finde ich für Demokraten gerade jetzt eine Bankrotterklärung. Beispiel: Die jetzt erlassenen Rechtsverordnungen und Allgemeinverfügungen der Landesregierung NRW zur Corona-Krise schränken massiv so ziemlich jedes Grundrecht ein, das wir Bürger haben. Das kann die Landesregierung gar nicht am Parlament vorbei beschließen – macht sie aber, hebelt das Parlament einfach aus. Noch so was: in Bayern ist sogar das Verlassen der eigenen Wohnung generell untersagt und nur in Ausnahmefällen erlaubt. Diese Ausgangsbeschränkung ist völlig unangemessen, denn damit wird gar kein Gesundheitsschutz betrieben, zudem massive Zunahme häuslicher Gewalt oder von Suiziden billigend in Kauf genommen. Zu Recht wird dagegen geklagt. Statt solche Grundrechte einzuschränken brauchen wir flächendeckende Tests zur Feststellung von Infekten und ihrer Quellen. Statt einfach alles hinzunehmen brauchen wir unseren kritischen Verstand und demokratischen Rechte auch im Kampf gegen die Corona-Krise.
Sorge um demokratische Rechte in der Corona-Krise
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In einem Leserbrief wird die von Monika Gärtner-Engel geäußerte Sorge um den Abbau demokratischer Rechte in der Corona-Krise als „populistische Keule mit gefährlichem Halbwissen“ abgetan.
Was lief in Südkorea anders und offenbar auch erfolgreicher im Kampf gegen die Verbreitung des Corona-Virus als bei uns?
Erstens wurde in kürzester Zeit die gesamte Bevölkerung mit Schutzmasken und alle Einrichtungen mit Schutzkleidung ausgestattet. Zweitens wurde wirklich im Massenumfang getestet, genannt werden 376.000 Tests in wenigen Tagen, um 9.332 Infizierte ausfindig zu machen. Beides ist im hochtechnisierten Deutschland mit seinem aus Profitgründen reduzierten Gesundheitswesen immer noch nicht der Fall.
Was dann allerdings in Südkorea passiert, ist die komplette Überwachung aller positiv Getesteten auf mögliche Kontaktpersonen – Handyanbieter verschicken Warnmails, Kreditkartenabrechnungen, Mobilfunkdaten, Videoüberwachungen werden durchforste usw. Warum hält man es für undenkbar, dass Betroffene sich selber in Quarantäne begeben und Menschen informieren, mit denen sie Kontakt hatten? Es zeigt sich doch bei uns, wie verantwortungsbewusst und diszipliniert die überwältigende Mehrheit sich verhält – weil die Menschen aufgeklärt und solidarisch sind. Die jetzt auch von hiesigen Politikern ins Spiel gebrachte Handyüberwachung nach dem Vorbild Südkoreas sind Methoden eines Überwachungsstaates, auf die wir uns eben nicht blind verlassen dürfen. Da schreibt sogar die sicher nicht populistische „Süddeutsche Zeitung“ vom 29.3.: „Im Netz der Fahnder“ und „Virus frisst Grundrechte“.
zu WAZ Artikel vom 27.03.2020 „Reul: Verweigerer nicht einsperren“
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Als Arzt mache ich mir weiter große Sorgen über die Bekämpfung der Corona Pandemie.
In den Krankenhäusern, in den Pflegeheimen, im ambulanten Pflegebereich, in den Praxen usw. fehlen Schutzkleidungen und tatsächlich schützender Mundschutz. Die Hygienestandards werden drastisch gesenkt – anstatt diese zu erhöhen. Aufgrund des Personalmangels sollen mit Corona Infizierte weiter arbeiten, bis sie Symptome zeigen. Mit diesen Maßnahmen werden die Beschäftigten in diesen Bereichen gezwungen, das Corona Virus in großem Umfang zu verbreiten. Das nimmt der Innenminister Herr Reul hin. Aber Menschen, bei denen ein Verdacht besteht, sollen zwangsweise in Quarantäne genommen werden. Ist das nicht ein Widersinn? Selbstverständlich fordere ich alle auf, zwei Meter Abstand einzuhalten und Quarantäne bei Verdacht und positivem Befund.
Keine Fake news - erschreckende Praxis
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Der Spiegel berichtete vor kurzem in einer Reportage aus der Arbeit in Krankenhäusern: "Jeder arbeitet, bis er Symptome hat. Anders ist es nicht mehr zu stemmen". Zitiert wurde eine Oberärztin einer Privatklinik aus Bayern.
Eine junge Krankenschwester aus dem Ruhrgebiet hielt das anfangs für eine Falschmeldung. Sie konnte das nicht glauben, bis sie von Kollegen aus ihrem Haus hörte: Das wird auch hier so gemacht!
Inzwischen höre ich selbst von immer mehr Leuten, dass das keine Ausnahme ist.
Ich halte das für absolut unverantwortlich. Pesonal, das corona-positiv ist, soll so lange arbeiten, bis Symptome auftreten. Eine unglaubliche Gefährdung für Patienten, Personal für die Ausbreitung von Corona. Bekanntermaßen beginnt die Ansteckungsfähigkeit zwei bis 14 Tage vor Auftreten der Symptome.
Ein krasser Ausdruck eines Gesundheitssystems, das über Jahre auf den Hund gebracht worden ist mit Bettenabbau, Klinikschließungen, Personalabbau, Schließung von Krankenpflegeschulen, Unterfinanzierung mit dem DRG-System. Da ist entschiedener gemeinsamer Protest nötig.
Parteienstreit verzögert Schulneubauten
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Wie schön! Im langer Zeit an Überalterung krankenden Gelsenkirchen werden wieder deutlich mehr Kinder geboren! 2012 wurden 2.112 Geburten gezählt, 2018 waren es 2.811. Hinzu kommen besonders nach 2015 Kinder aus Familien von Flüchtlingen und aus Osteuropa.
Ein umfangreiches (extern vergebenes) Gutachten macht deutlich: sowohl in den Grundschulen als auch in den weiterführenden Schulen wird in den kommenden Jahren Platz für mindestens 700 Kinder zusätzlich gebraucht. Schon jetzt platzen besonders in Gelsenkirchen Mitte und im Süden die Grundschulen aus allen Nähten. Seit Jahren werden mehr Kinder in den Gesamtschulen angemeldet, als Platz finden können.
Wir von AUF Gelsenkirchen unterstützen deshalb ohne Wenn und Aber den Plan der Stadtverwaltung, drei neue Grundschulen mit jeweils vier Klassen und einer Turnhalle in Mitte und Süd zu bauen. Dort soll auch eine neue sechszüge Gesamtschule gebaut werden und die geplante Schule auf dem Gelände des Schalker Vereins soll jetzt doch als Gesamtschule aufgstockt werden – das hatte AUF Gelsenkirchen, wie auch die Grünen von Anfang an gefordert.
„Made in China“
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Seit fast drei Monaten wissen die Verantwortlichen von der drohenden Corona-Epidemie. Heute (am 26.3.) erfahren wir von dem NRW-Gesundheitsminister, dass Krankenhäuser und Ärzte bis auf weiteres nicht mit Atemmasken und Schutzkleidung versorgt werden können - und das angesichts einer bereits anrollenden Lawine von Corona-Infizierten. Es ist, als wenn wir Ärzte in einen Krieg geschickt werden und haben als Ausrüstung nicht einmal eine Knarre. Ich möchte die Verantwortlichen dringend dazu aufrufen, sich so wie auch andere EU-Länder mit einem Hilfsgesuch an die chinesische Regierung zu wenden. Da könnten wir von der italiensichen Regierung noch lernen, die inzwischen auch von kubanischen Ärzten Unterstützung erhält. Das ist zwar blamabel für die deutsche Regierung. Es würde uns und unseren Patienten aber effektiv helfen.
Abgedruckt wurde der Leserbrief nicht. Aber heute bekommen wir die heiß ersehnten Artikel – Desinfektionslösung, Atemmasken, Schutzkleidung – „made in China“. Ohne Worte, es geschehen noch Zeichen und Wunder...
Kaum Kapazitäten
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Ansammlungsverbot/Corona-Krise
Der Oberbürgermeister verordnete ein Ansammlungsverbot: Zusammenkünfte von mehr als zwei Personen unter freiem Himmel sind untersagt. Inzwischen gilt dieses Ansammlungsverbot für ganz Deutschland. Als Arzt muss ich klipp und klar sagen: Das hat nichts mit Gesundheitsschutz zu tun. Wir Ärzte befürworten die Gelsenkirchener Regelung, was die Testung im Verdachtsfall betrifft. Aber diese Regelung hat viel zu lange gedauert. Ich selbst habe mich mehrmals beim Gesundheitsamt beschwert bis endlich gehandelt wurde. Vorher wurden die Betroffenen von einer Stelle zu anderen verwiesen und zuletzt immer zum Hausarzt. Das Testergebnis kann nach etwa sieben (!) Stunden abgelesen werden. Tatsächlich dauert es in Gelsenkirchen drei bis fünf Tage, bis die Getesteten ihr Ergebnis erhalten. Das bedeutet ganz einfach: Es gibt viel zu wenig Kapazitäten in den Labors. Es verstreicht viel zu viel wertvolle Zeit. Namhafte Virologen sind gegen eine Ausgangssperre – und das Ansammlungsverbot ist eine etwas abgeschwächte Ausgangssperre. Sie befürworten im Gegenteil: Die Leute sollen ins Freie. Im Freien und in der Sonne wird das Virus rascher abgetötet. Sinnvoll und richtig ist die Abstandsregelung von zwei Metern. Zusätzlich sinnvoll ist ein Mundschutz – vor allem aber ausreichende Laborkapazitäten! Die Mehrheit der Virusträger hat keine oder wenig Symptome und verbreitet unwissentlich das Virus. Deshalb ist eine flächendeckende Testung nötig.